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Erkennungszeichen für Freiheit und gegen Tyrannei
Ein Kampfflugzeug Eurofighter vom Taktischen Luftwaffengeschwader 71 „Richthofen“ simuliert eine Sicherungs-/Luftraumüberwachung (SiLuRa) der Quick Reaction Alert (QRA) im Luftraum über Schleswig-Holstein für den virtuellen Tag der Bundeswehr 2020, am 27.05.2020., © Bundeswehr
65 Jahre Eisernes Kreuz - Für Freiheit und gegen Tyrannei
Das Eiserne Kreuz als Erkennungszeichen für Gefechts- und Luftfahrzeuge der Bundeswehr wird 65 Jahre alt. Wo kommt es her und wofür steht es?
Schlicht und einfach sollte es sein und jeder konnte damit ausgezeichnet werden: Ein Novum im Militärwesen
© Öffentlich
Als 2005 zum ersten Mal Düsenjets vom Typ F-4F Phantom II den Luftraum der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sicherten, wussten die Menschen dort, dass sie sich auf die Maschinen mit dem schwarzen Kreuz verlassen konnten. Die Vertrautheit mit diesem Symbol hat seine Wurzeln in vergangenen Zeiten und gilt wie die Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold sowohl im Baltikum als auch in anderen Teilen der Welt als positiv besetztes Erkennungszeichen.
Eurofighter mit dem Eisernen Kreuz sichern regelmäßig bei der Verstärkung Air Policing Baltikum den Luftraum der baltischen Staaten
© Bundeswehr/Jane Schmidt
Luftwaffe zuerst
Am 1. Oktober jährt sich zum 65. Mal die Genehmigung des Eisernen Kreuzes als Erkennungszeichen für Gefechts- und Luftfahrzeuge der Bundeswehr durch Bundespräsident Theodor Heuss. Nicht nur ein Grund, sich jenseits von offiziellen Verlautbarungen mit der Herkunft, der Bedeutung und auch der Kontroversen „über die Kennzeichnung der Luftfahrzeuge … der Bundeswehr“ zu beschäftigen. Offiziell durften mit der Genehmigung durch den damaligen Bundespräsidenten ab dem ersten Oktobertag 1956 sämtliche Flugzeuge als auch Fahrzeuge der Bundeswehr das Eiserne Kreuz führen. Doch Verteidigungsminister Theodor Anton Blank stellte bereits sechs Tage vorher, am 24. September 1956, die ersten Flugzeuge der noch jungen Luftwaffe mit dem Eisernen Kreuz als Hoheitszeichen in den Dienst. Eine Tat, die durch Bundeskanzler Konrad Adenauer, wie es heißt, bemängelt wurde.
Ansprache von Bundesminister der Verteidigung, Theodor Blank, bei der Ernennung der ersten 101 freiwilligen Soldaten in Bonn am 12.11.1955. Es fand unter dem Eisernen Kreuz statt, obwohl es noch nicht als offizielles Kennzeichen bestätigt wurde.
© Bundeswehr/Munker
„Warum führen wir keine Nationalfarben…“
Gerade vor dem Hintergrund, dass die Indienststellung vor der Kabinettssitzung, bei der die Kennzeichnung beschlossen werden sollte, stattfand. Der Verteidigungsminister kannte die Beschlussvorlage seines Vorgesetzten, noch bevor offiziell abgestimmt wurde. Konsequenzen brauchte Blank nicht befürchten. Dieser Skandal schien über Bonner Regierungskreise hinaus, niemanden zu interessieren. Das Kabinett jedenfalls beschloss erst am 27. September die Fassung der Anordnung, die am 1. Oktober 1956 durch Heuss, in seiner Funktion als Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland, autorisiert wurde: „Als Erkennungszeichen für die Luftfahrzeuge und Kampffahrzeuge der Bundeswehr bestimme ich ein schwarzes Kreuz mit weißer Umrandung in der aus dem nachstehend abgebildeten Muster ersichtlichen Form. Der Bundesminister für Verteidigung wird ermächtigt, Ausführungsbestimmungen zu dieser Anordnung zu erlassen.“
Und sie gilt bis heute. Unter anderem ist darin festgelegt, dass die Kennzeichnung mit dem Eisernen Kreuz nicht verändert werden darf, auch nicht bei Sonderfolierungen oder Lackierungen auf Grund thematischer Anlässe. Die Debatte um das Eiserne Kreuz muss manches Kopfschütteln der beteiligten Minister hervorgerufen haben. Von dem Chef des Bundeskanzleramtes, Hans Globke, heißt es in den Protokollen der Kabinettssitzung vom 27. September 1956: „Mir ist nicht klar, aus welchem Grunde die Bundeswehr das Eiserne Kreuz wünscht, während alle anderen Staaten der NATO drei Kreise in den Nationalfarben führen.“
Die Ritter des Deutschen Ordens kennzeichneten sich mit dem schwarzen Kreuz. Auf diesem basiert der Entwurf des Eisernen Kreuzes durch Schinkel.
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Die Wiege stand im Baltikum
Warum haben sich die Väter der Bundeswehr für das Eiserne Kreuz entschieden? Zum einen steht es für die Attribute Freiheitsliebe, Gleichheit und Tapferkeit. Zudem drückt sich in ihm das christliche Weltbild mit seinen Werten aus. Es geht auf das Wappen des Deutschen Ordens (1230 bis 1525) zurück, dessen Staat sich im Mittelalter auch auf Gebiete im heutigen Baltikum erstreckte und zur Wiege des späteren Preußens wurde. Doch hinter diesem Symbol steht auch eine ganz persönliche Geschichte, die es wert ist, in Erinnerung gehalten zu werden.
Die Auszeichnung konnte vom Gefreiten bis zum General jeder bekommen. Sie wurde 1813 zum ersten Mal gestiftet.
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Ein Orden für jedermann
Mit der preußischen Königin Luise, die am 19. Juli 1810 mit nur 34 Jahren an einer Lungenentzündung starb, wird die Entstehung des Eisernen Kreuzes kaum noch in Verbindung gebracht. Louise galt für die Menschen in Preußen damals eine „Königin der Herzen“, vergleichbar mit der englischen Prinzessin Diana aus den 1990er Jahren. Louises frühen Tod deuteten Zeitgenossen als Folge eines gebrochenen Herzens und ihres Kummers über die Demütigung der Deutschen durch Frankreichs Kaiser Napoleon. Ihr Mann, König Friedrich Wilhelm III., stiftete in Achtung der Verdienste Louises am 10. März 1813 eine Kriegsauszeichnung, die bis heute in diesem Symbol fortwirkt. Im alten Preußen gab es nur für Offiziere Orden. Am bekanntesten waren der „Hohe Orden vom Schwarzen Adler“, der mit dem erblichen Adel verbunden war, sowie der Orden „Pour le Mérite“, dessen Träger eine eigene Ritterschaft bildeten und einen lebenslangen Ehrensold bekamen. Anders die Maßgabe des neuen Eiserne Kreuzes: die Auszeichnung konnte unabhängig von Stand und Dienstgrad vergeben werden.
Schlicht und sparsam
Der Entwurf stammte vom König selbst. Die Ausführung nahm Karl Friedrich Schinkel vor. Das Abzeichen aus mit Silber eingefasstem schwarzem Gusseisen trug reliefartig unten das Jahr 1813, in der Mitte Eichenlaub und oben die Königskrone samt den Initialen FW (für Friedrich Wilhelm III.). Der Kunsthistoriker Philipp Demandt dazu: „Ein schlichtes Kreuz aus Eisen gab Friedrich Wilhelms Trauer ihre eindringlichste Form und machte seinen Schmerz zum nationalen Kult.“ Die Gestaltung und das Material machten das schwarze Kreuz zu einer der markantesten Kriegsauszeichnungen der Welt. Eisen in einer entbehrungsreichen Zeit, um Edelmetall zu sparen und so den Befreiungskrieg gegen Frankreich zu finanzieren, drückte sich in dem Spenden-Motto „Gold gab ich für Eisen“ aus.
Statt der Quadriga sollte erst ein übermannsgroßes Eisernes Kreuz das Brandenburger Tor in Berlin schmücken.
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Vom preußischen zum gesamtdeutschen Symbol
Und es stand auch dafür, um das Eiserne des Willens auszudrücken. Es war das Kreuz – als Symbol – zum Feldzug gegen Napoleon. Die Verleihungen des Eisernen Kreuzes sollten nach dem Willen Friedrich Wilhelms III. auf die Dauer der Befreiungskriege beschränkt sein. Dennoch wurde die Tapferkeits- und Verdienstauszeichnung 1870 und nochmals 1914 neu gestiftet, also in Situationen, in denen sich Preußen und Deutschland existenziell bedroht wähnten. Im Laufe der Zeit rückte das Eiserne Kreuz mit dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1870/1871 zum gesamtdeutschen Militärsymbol auf.
Das Kreuz wird vereinnahmt
Die Akzeptanz des ehemals preußischen Kreuzes als militärisches Nationalsymbol veranlasste die Nationalsozialisten nach 1935 zu seiner Adaption für die Gestaltung von Truppenfahnen der Wehrmacht und zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zu einer „EK-Neustiftung“. Mit dem Aufbringen des Hakenkreuzes wurde es sichtbar durch die Nationalsozialisten vereinnahmt und mit den deutschen Vernichtungskriegen 1939 bis 1945 in Verbindung gebracht.
Ein Airbus A400M fliegt gemeinsam einem Eurofighter und einem ECRElectronic Combat Reconnaissance-Tornado in Formation. Alle sind durch das schwarze Kreuz gekennzeichnet.
© Bundeswehr/Stefan Petersen
Doch die Tradition ist mächtiger…
Dadurch überlagerte sich lange Zeit der ursprüngliche Sinngehalt der Auszeichnung, wie es beim Autorenteam Gerhard Bauer/Frank Bötel vom Militärhistorischen Museums der Bundeswehr heißt. Doch das Erbe Friedrich Wilhelms III. und sein Stiftungsgedanke erwies sich als mächtiger: Das Eiserne Kreuz steht eben nicht für Militarismus und obrigkeitliche Willkür. In ihm sind die Legitimität einer bewaffneten Auflehnung gegen Unterdrückung und Tyrannei geprägt und die staatsbürgerliche Pflicht und die Bereitschaft des Volkes, seine Rechte und Freiheiten zu verteidigen.
In den Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr von 2018 steht: „Tradition braucht Symbole, Zeichen und Zeremonielle. Sie prägen das Bild der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft. […] Meist haben sie sich vor langer Zeit herausgebildet. Sie stehen stellvertretend für den historischen und militärischen Kontext, der sie hervorgebracht hat oder der ihnen zugeschrieben wird.“
„Tradition braucht Symbole, Zeichen und Zeremonielle…“ Der wieder aufgebaute Ehrenhain vom OP North in Afghanistan auf dem Gelände der Gedenkstätte Wald der Erinnerung in Potsdam mit dem Eisernen Kreuz.
© Bundeswehr/Marc Tessensohn
von Thomas Skiba